Streitfall und Entscheidung:
Haben Steuerpflichtige in Knock-Out-Zertifikate investiert, die durch Erreichen der Knock-Out-Schwelle wertlos verfallen, können sie die daraus resultierenden Verluste im Rahmen ihrer Einkünfte aus Kapitalvermögen abziehen. Der Bundesfinanzhof (BFH) wendet sich mit dieser Entscheidung vom 20. November 2018 gegen die Auffassung der Finanzverwaltung.
In dem entschiedenen Streitfall hatte der Kläger in 2011 verschiedene Knock-Out-Zertifi kate erworben, die noch im selben Jahr die Knock-Out-Schwelle erreichten. Diese Ka pitalanlagen wurden ohne Differenzausgleich oder Restwert ausgebucht. Die entstandenen Verluste erkannte das Finanzamt nicht an.
Der BFH folgte in seiner Entscheidung der Vorinstanz: Die in Höhe der Anschaffungskosten angefallenen Verluste sind demnach steuerlich zu berücksichtigen.
Details:
Dieses Ergebnis sei unabhängig davon, ob im Streitfall die Voraussetzungen eines Termingeschäftes vorgelegen hätten. Bei einem möglichen Termingeschäft folge die Verlustberücksichtigung aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG, wonach jeder Ausgang eines Termingeschäfts zu erfassen ist.
Handele es sich hingegen um kein Termingeschäft, läge ein Fall der „Einlösung“ gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 EStG vor. Der BFH führt dies so detailliert aus, da die Finanzverwaltung zur Verlustberücksichtigung eine Veräußerung der Kapitalanlage oder einen Differenzausgleich für erforderlich hält.
Hinweis des BFH:
Der BFH weist darauf hin, dass seine Auslegung aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten sei, um die Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit auszurichten. Die höchste Instanz der Finanzgerichtsbarkeit setzt damit ihre Rechtsprechung fort, wonach seit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt.
Ergebnis:
- Das Urteil ist nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise absolut folgerichtig und daher zu befürworten. Aus Sicht eines Kapitalanlegers kann es für die steuerliche Behandlung keinen Unterschied machen, ob eine Kapitalanlage wertlos verfällt oder kurz vorher zu einem Minimalwert von beispielsweise 1 Euro veräußert wird. Dieser geringe Wert ändert nichts an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betroffenen. Der BFH sieht dies erfreulicherweise genauso.
- Sofern in ähnlich gelagerten Veranlagungsfällen Finanzämter erlittene Verluste nicht akzeptieren, sollte im Rahmen eines Einspruchs auf das oben genannte Urteil verwiesen werden (BFH VIII R 37/15 vom 20. November 2018).