Das Jahressteuergesetz, über dessen Entwurf wir am 14. November 2022 auf unserer Website berichtet haben, wurde am 20. Dezember 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet. Im Folgenden stellen wir wesentliche Änderungen sowie Neuregelungen gegenüber der Entwurfsfassung vor.
1. Änderungen im Bereich Einkommensteuer
1.1 Sonderleistungen für Pflegekräfte (§ 3 Nr. 11b Satz 5 EStG)
Im Jahressteuergesetz 2022 wird nunmehr abweichend vom Entwurf eine Sonderleistung für Pflegekräfte vorgesehen. Diese gilt für Pflegekräfte in voll- und teilstationären Einrichtungen sowie in stationären Hospizen ab dem Tag der Verkündung des Gesetzes. In Abhängigkeit von der Einrichtungsgröße erhalten die Beschäftigten bis zu 1.000 EUR.
1.2 Ertragsteuerfreiheit für bestimmte Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)
Gegenüber dem Entwurf wurde die Angabe „überwiegend zu Wohnzwecken genutzt“ gestrichen. Damit werden auch solche Photovoltaikanlagen begünstigt, die auf überwiegend zu betrieblichen Zwecken genutzten Gebäuden angebaut sind und dabei eine Leistung bis zu 15 kW je Wohn-/Geschäftseinheit aufweisen. Die gesamte Neuregelung gilt, abweichend vom Entwurf, rückwirkend ab dem 1. Januar 2022.
1.3 Häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG)
Gegenüber dem Entwurf wurde die Änderung eingefügt, dass Aufwendungen auch dann voll abzugsfähig sind, wenn dem Steuerpflichtigen ein anderes als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung steht. Pauschal können 1.260 EUR angesetzt werden, im Regierungsentwurf waren noch 1.250 EUR vorgesehen. Die Regelung gilt für alle Tätigkeiten, die nach dem 31. Dezember 2022 im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt werden.
1.4 Homeoffice-Pauschale (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG)
Gegenüber dem Regierungsentwurf können pro Arbeitstag 6 EUR angesetzt werden. Dies ist möglich für 210 Tage pro Kalenderjahr (Regierungsentwurf: 5 EUR für 200 Tage). Die Pauschale ist zeitlich nicht mehr begrenzt. Die Regelung gilt für alle Tätigkeiten, die nach dem 31. Dezember 2022 im Homeoffice ausgeübt werden.
1.5 Aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten (§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG
Bei der Bildung kann die GWG-Grenze aus § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG herangezogen werden, wenn die Ausgabe oder Einnahme unterhalb von aktuell 800 EUR netto liegt. Das Ausübungswahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben oder Einnahmen anzuwenden. Diese Regelung, die im Entwurf noch nicht vorhanden gewesen ist, gilt für Wirtschaftsjahre nach dem 31. Dezember 2021.
1.6 Gebäude-Abschreibung (§ 7 Abs. 4 EStG)
Im Jahressteuergesetz 2022 wird, abweichend vom Entwurf, an der Ausnahmeregelung für den Ansatz einer kürzeren Nutzungsdauer im Rahmen der Gebäudeabschreibung festgehalten. Die Regelungen zum Ansatz einer Gebäudeabschreibung sind für Gebäude anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 erstellt wurden, im Regierungsentwurf war noch der 30. Juni 2022 vorgesehen.
1.7 Energiepreispauschale für Rentner und Versorgungsbezieher (§§ 19 Abs. 3, 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe c EStG)
Die Pauschale ist nunmehr komplett steuerpflichtig und gilt ab dem Tag der Verkündung.
1.8 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b Abs. 2 Satz 1 EStG)
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird von 4.008 EUR auf 4.260 EUR erhöht. Diese Regelung war im Regierungsentwurf noch nicht vorgesehen und gilt ab dem 1. Januar 2023.
1.9 Gas- und Wärmepreisbremse (§ 123ff. EStG)
Alle hiermit zusammenhängenden Entlastungen sind vollständig steuerpflichtig.
2. Neues EU-Energiekrisenbeitragsgesetz zur Übergewinnsteuer
Nunmehr wird eine Übergewinnsteuer für die Jahre 2022 und 2023, die direkt nach Verkündung gilt, eingeführt. Demnach sollen Unternehmen aus der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und dem Raffineriebereich, die 75 Prozent ihrer Umsätze aus den Bereichen Extraktion, Bergbau, Erdölraffination oder Herstellung von Kohleerzeugnissen erzielen, 33 Prozent desjenigen Gewinns versteuern, der oberhalb von 20 Prozent des durchschnittlichen Gewinns der Jahre 2018–2021 liegt.
3. Änderung im Bereich Umsatzsteuer
3.1 Unternehmereigenschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG)
Die Unternehmereigenschaft nach dem Umsatzsteuergesetz gilt unabhängig davon, ob Rechtsfähigkeit nach anderen Gesetzen vorliegt. Dies gilt ab dem 1. Januar 2023 und war im Regierungsentwurf noch nicht vorhanden.
3.2 Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen (§ 12 Abs. 3 UStG)
Gegenstand dieser Neuregelung ist, dass auf die Leistungen an den Betreiber von bestimmten Photovoltaikanlagen nunmehr ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von 0 Prozent anzuwenden ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Betreiber von entsprechenden Anlagen, die keine andere unternehmerische Tätigkeit verfolgen, nicht auf die Kleinunternehmerregelung verzichten müssen, um die Vorsteuer auf Eingangsleistungen geltend machen zu können. Voraussetzung ist, dass die Photovoltaikanlage auf einem Gebäude installiert wird, in dem Tätigkeiten verrichtet werden, die dem Gemeinwohl dienen. Solche Tätigkeiten können sein: Heilbehandlungen sowie Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz greift uneingeschränkt, wenn die installierte Bruttoleistung der Anlage weniger als 30 kW (Peak) beträgt. In diesem Fall ist es also unerheblich, welche Tätigkeiten in dem Gebäude verrichtet werden.
3.3 Ist-Besteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 20 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 UStG)
Diese Neuregelung, die im Entwurf noch nicht vorhanden war, sieht vor, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts beim Finanzamt beantragen können, nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung statt Soll-Besteuerung) besteuert zu werden. Voraussetzung ist, dass sie keine kaufmännische Buchführung betreiben und hierzu gesetzlich nicht verpflichtet sind. Hintergrund ist, dass bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts (wie kirchliche Einrichtungen) eine Buchführung (Kameralistik) aufweisen, die auf dem Zu- und Abflussprinzip basiert.
3.4 Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (§ 27 Abs. 22a UStG)
Die Übergangsfrist für die Anwendung der neuen Besteuerungsregelungen für juristische Personen des öffentlichen Rechts wird um zwei Jahre bis zum 31. Dezember 2024 verlängert. Sofern von dieser Übergangsregelung kein Gebrauch gemacht wurde, kann ab 2023 zu den neuen Besteuerungsregelungen optiert werden (siehe 3.3).
3.5 Zahlungsdienstleister (§ 22g UStG)
Zahlungsdienstleister, die von dieser Neuregelung betroffen sind, müssen über eine Zulassung für die Erbringung von Zahlungsdiensten (wie z. B. gewerbliche Tätigkeiten für den Transfer von Geldbeträgen) verfügen. Die Pflicht zur Aufzeichnung von Zahlungsvorgängen im grenzüberschreitenden Kontext erstreckt sich beispielsweise auf Zahlungsempfänger sowie Zahlungsvorgänge der Zahlungsdienstleister. Diese „hinreichend detaillierten“ Aufzeichnungen müssen über einen Zeitraum von drei Jahren in elektronischer Form aufbewahrt und bei Einschlägigkeit der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt werden. Dies gilt ab dem Ende des Jahres, in dem die Zahlung ausgeführt wurde. Die Neuregelung gilt ab dem 1. Januar 2024.
3.6 Steuerbegünstigte Körperschaften (§ 23a Abs. 2 UStG)
Sofern bestimmte steuerbegünstigte Körperschaften steuerpflichtige Umsätze von mehr als 45.000 EUR (vorher: mehr als 35.000 EUR) erzielen, können sie die abziehbare Vorsteuer mit einem Durchschnittssatz von 7 Prozent der steuerpflichtigen Umsätze – mit Ausnahme der Einfuhr und des innergemeinschaftlichen Erwerbs – pauschalieren. Ein weiterer Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen.
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